Share This Article
Double Date
So ziemlich das Einzige, was Stina Holmquist und ihre Band und das österreichische Duo Cari Cari miteinander verbindet, ist die Tatsache, dass beide Acts nicht nur am 10.10.2025 bei der Show im Rahmen des Rockpalast Crossroads Festival in der Bonner Harmonie, sondern auch beim diesjährigen Orange Blossom Festival auf der Hauptbühne gestanden haben. Ansonsten aber bot die Doppel-Show musikalisch eher Gegensätzliches – aber im besten Sinne.
Stina Holmquist (oder Stina Jebavy – wie ihr „richtiger“ Name lautet) hatte ihre musikalische Reise ja unter anderem auf dem Orange Blossom Festival 2024 begonnen, wo die quirlige Musikerin aus dem Ruhrgebiet auf der Minibühne des Festivals eine mitreißende Show absolvierte, die dazu führte, dass sie in diesem Jahr wieder eingeladen wurde – dann aber auf die Hauptbühne. Stina Holmquist nutzte nun die Rockpalast Show, um erste Titel ihrer kommenden EP zu präsentieren, die dieser Tage erscheint. Damit demonstrierte die Songwriterin eine bemerkenswerte musikalische Entwicklung, die sie – immer noch auf der Suche nach dem ultimativen eigenen Stil – bereits ein gutes Stück des diesbezüglichen Weges vorangebracht hat. Bei der Show in der Bonner Harmonie war das in beeindruckender Weise nachzuvollziehen, indem Stina und ihre eher unauffällig und songdienlich agierende Band (bei der ihr Bruder Lasse Per hinter dem Drumkit sitzt und Keyboarder Marvin Klopfer neu hinzugekommen ist) die ganze Bandbreite ihres musikalischen Programms demonstrierten und damit deutlich machten, dass Stina auch in Zukunft keinen bestimmten Sound zu emulieren gedenkt.
Die Sache begann nämlich mit einer Art Indie-Pop mit Americana-Touch. Schnell kamen dann Disco- und Club Grooves hinzu (beispielsweise in dem Track „I Do“, der bis heute zu den performerischenHighlights gehört und in Bonn gleich zu Beginn der Show gespielt wurde) – sowie Dream-Pop-Elemente, die unaufmerksamen Hörern gleich schon wieder zu mainstreamig erschienen (wohl einfach deswegen, weil Stina als Songwriterin ein Händchen für eingängige, melancholische Melodien und Refrains hat). Wie sich bei der Show in der Harmonie zeigte, geht die musikalische Entwicklung unaufhaltsam weiter, denn dort präsentierte Stina neue Songs wie „Try“, „Closed Doors“ oder „Broken Glass“ ihrer kommenden neuen EP. Mit diesen Tracks schlägt Stina als Komponistin eine für sie neue Richtung ein, wendet sich von der Erkenntnis ab, dass weniger mehr sein müsste und bohrte die neuen Songs in Richtung komplexerer Art- und Kookpop-Strukturen auf. Bei der Show in Bonn nutzte sie die sich so ergebende größere Dynamik für gesanglich beeindruckende Eskapaden und – zusammen mit ihrer Band – für hypnotische, atemlos machende Denoeuments. Interessanterweise interessierte sich das Publikum dann aber mehr für das konventionelle Schweinerock-Solo, das Gitarrist Tarik Mujadzic in dem bekannten, älteren Track „In A Dress“ platzierte. Kurzum: Mit diesem Auftritt bewies Stina Holmquist erneut, dass mit ihr auch in Zukunft zu rechnen sein wird – sowohl als enigmatische Live-Performerin, wie auch als ambitionierte Songwriterin.
Schon bei den Interviews zu ihrer aktuellen LP „One More Trip Around The Sun“ hatte das aus Alex Köck und Steffi Widmer bestehende österreichische Duo Cari Cari darauf bestanden, aus dem Hamsterrad-Prinzip des Musikbusiness auszubrechen und sich nicht weiter dem „Größer-schneller-weiter“-Prinzip zu unterwerfen. Kurzerhand hatte man das alte Management gefeuert und agiert seither in eigener Sache als Indie-Projekt – nicht auf der Suche nach immer neuen Superlativen, sondern der Erfüllung durch die Musik im Kontakt mit dem Publikum. Nicht ohne Stolz erwähnte Alex in der Harmonie, dass es seither dennoch oder trotzdem so richtig gut für Cari Cari liefe. Überschaubare Shows wie die in der Harmonie zählen dabei zu jener Art von Ereignissen, die Cari Cari besonders zu schätzen wissen – und nach eigener Aussage lieber mögen, als finanziell vielleicht lukrative Shows in größeren Spielstätten.
Insofern geriet die Performance – mehr noch als die regulären Shows der immer noch laufenden Tour zum Album – zu einer Demonstration musikalischer Lebensfreude (und das, obwohl Steffi von einer Erkältung geplagt wurde). Im Wesentlichen bedeutete das, dass das Programm besonders rockig angelegt war und vieles (beispielsweise der Gassenhauer „Summer Sun“) mindestens doppelt so schnell gespielt wurde, wie normalerweise üblich. Cari Cari boten in der Harmonie einen ordentlichen Überblick des gemeinsamen Schaffens – von der „Dear Mr. Tarantino“-Phase über die mit einem Auszug des Black Sabbath-Songs „War Pigs“ angereicherte Version des „Anaana“-Tracks bis hin zu den neuen Songs – von denen der Titeltrack des Albums gleich zum Einstieg in die Show genutzt wurde.
Dass die Band (zu der auf der Bühne ja noch Drummer Ivo Thomann gehört) bei dieser Show auf das elaborierte elektronische Backdrop verzichten musste, das sie in größeren Spielstätten einsetzen, spielte keine Rolle. Zum einen kam stattdessen gleich mehrfach der tonnenschwere Gong zum Einsatz, den Cari Cari bei den größeren Shows lediglich als Gimmick eingesetzt hatten und zum anderen funktionierten die gestenreichen Spielereien, mit denen insbesondere Alex Köck seine Performance anreicherte, auch ohne optische/elektronische Verstärkung bestens. Das Publikum wurde dann von der tatsächlich ziemlich heiseren Steffi als Chor angelernt und gegen Ende der Show von Alex Köck aus der Mitte des Auditoriums zum „Moshen“ gebracht. Tatsächlich bot diese (ziemlich ausverkaufte) Show den Fans nochmal die Möglichkeit, Cari Cari in einem überschaubaren Rahmen auf die Pelle zu rücken. Auch für die Harmonie war diese Veranstaltung dann eher ungewöhnlich, da sich neben den üblicherweise dort publikumstechnisch dominierenden, rentenpflichtigen Blues-Liebhabern überraschend viele jüngere Menschen vor der Bühne tummelten. Kurzum: Das war dann eine dieser Shows, von denen sich Cari Cari selbst nach eigener Aussage immer besonders begeistert zeigen. Zurecht.



































