Platte der Woche KW 21/2025
Es gab mal Zeiten, da haben Stereolab jedes Jahr einen neuen Longplayer rausgehauen. Irgendwann schienen Tim Ganz, Laetitia Sadier und ihren jeweiligen Mitstreitern dann aufgefallen zu sein, dass auf diese Weise die Gefahr der Selbstreferenzierung unausweichlich im Raum stand – zumal es ja zudem unzählige EPs, Remixes und Side-Projects gab. Insofern war es vielleicht ganz gut, dass sich die Band 2009 eine selbst verordnete Auszeit nahm – ohne sich allerdings aufzulösen.
Nachdem es in den letzten Jahren zumindest mit der Fortsetzung der „Switched On“-Re-Issue-Reihe (die 1995 ins Leben gerufen wurde) wieder Lebenszeichen aus dem Stereolab-Lager gab, ist das nun vorliegende, wie üblich rätselhaft betitelte Album „Instant Holograms On Metal Film“ das erste Werk mit wirklich neuem Material seit den Aufnahmesessions zum 2008er Longplayer „Chemical Chords“. Es ist natürlich bei einer Wartezeit von 17 Jahren etwas ungelenk zu sagen, dass sich das Warten gelohnt hat – umschreibt aber ganz gut die frische Energie und den musikalischen Einfallsreichtum, mit dem sich die Band hier zurückmeldet.
Dabei gelingt es Stereolab zum einen, ihrem Anspruch als Band besser einzigartig als perfekt sein zu wollen, treu zu bleiben – sich zugleich aber den produktionstechnischen Anschluss an die Jetztzeit zu gönnen (hauptsächlich über den verstärkten Einsatz elektronischer Elemente und Beats und von Synthesizern im Allgemeinen) und vor allen Dingen den auf „Chemical Chords“ (und dem Reste-Album „No Music“) eingeschlagenen Weg fortzusetzen, die allzu hakeligen und nickeligen harmonischen und rhythmischen Verstiegenheiten und Unerbittlichkeiten der Vergangenheit auf ein für „Normalhörer“ erträgliches Maß zurückzufahren. Auch die auf „Chemical Chords“ bereits zu beobachtenden Bläser-Einsätze kommen wieder zum Tragen – wenngleich dieses Mal eher psychedelisch implementiert, wie z.B. bei dem zweiteiligen „If You Remember I Forgot How To Dream“.
Dabei gelingt es dann sogar, ein eigenes Wertesystem für dieses Projekt zu implementieren, sich mit Songtiteln wie „Electrified Teenybop“, „Melodie Is A Wound“ oder „Esemplastic Creeping Eruption“ selbstironisch auf die Finger zu schauen, mit immer wieder auftauchenden, liturgisch anmutenden Harmoniefolgen für Aufhorchen zu sorgen und den Pop als Solches wieder zuzulassen. Die Single „Aerial Troubles“ mag dabei als konsequentestes Stück in dieser Richtung gesehen werden. Sich zu verleugnen brauchen Stereolab dabei keineswegs, denn Stereolab sind immer noch eine der wenigen Bands, die damit durchkommen, etwa mitten im Song umzukehren und in eine ganz andere stilistische Richtung davonzumarschieren (wie übrigens auch bei dem zuvor erwähnten „Aerial Troubles“) oder mit Rhythmuswechseln, Stops und Hakenschlägen den Zuhörer ungestraft zugleich herauszufordern wie auch mitreißen zu können.
„Instant Holograms On Metal Film“ von Stereolab erscheint auf Warp/Rough Trade.