Auch die schottische Songwriterin Amy Macdonald war 2020 mit ihrem letzten LP-Projekt „The Human Demands“ in die einsetzenden Wehen der Pandemie geraten und musste Album und Tour entsprechend verschieben. Irgendwie scheint sich das aber beschwichtigend auf das Gemüt der Songwriterin und Recording-Artistin Macdonald ausgewirkt zu haben, denn es schien Amy zu Beginn ihrer Karriere immer darum gegangen zu sein, insbesondere als Live-Künstlerin die Welt zu erobern (und mit ihrer mörderischen Full-Frontal-Attack-Stimme in die Knie zu zwingen), so strahlt das nun vorliegende Album „Is This What You’ve Been Waiting For?“ eine gewisse Gelassenheit aus, die sicherlich auch mit der Erkenntnis zusammenhängt, dass man sich mit den Umständen arrangieren muss und nicht ewig einem Höher/Schneller/Weiter-Prinzip hinterherlaufen kann, um irgendwelchen Erwartungshaltungen entsprechen zu wollen.
Das macht sich auf dem neuen Werk vor allem durch die Wahl der Themen deutlich, die Amy hier präferiert – allen voran die Zufriedenheit mit dem bislang Erreichten und demzufolge heruntergeschraubte, realistische Ansprüche an die eigene Perfektion – beispielsweise mit dem Song „The Hope“, dem Feiern der eigenen Unabhängigkeit in „I’m Done“ und einer an den Realitäten orientierten Sozialkritik in Songs wie „Can You Hear Me“ oder „We Survive“. Die kämpferische Note vergangener Tage ist dabei heutzutage (ganz besonders den früher oft druckvollen, aggressiven Akklamationsgesang betreffend) tatsächlich einer heiteren Gelassenheit gewichen.
Diese Bekenntnis zur neuen Bodenständigkeit (wie Macdonald das nennt) führt auf der musikalischen Seite dann zu einer Hinwendung zur Popmusik – aber nicht im Sinne eines „Guilty Pleasure“-Geständnisses, sondern zunächst mal die erweiterten Möglichkeiten betreffend, die sich durch stilistische Vielseitigkeit für Amys eingeschränktes harmonisches und melodisches Repertoire ergeben. Dabei favorisierte Amy jene Art von klassischem Euro-Power Pop, der auch ohne klassische Amerikanismen auskommt und insbesondere dann besonders effektiv ist, wenn sie sich auf ihre Folk-Roots beruft – etwa in den dann auch kämpferischen Songs „I’m Done“ oder „We Survive“.
Leider haben die Produzenten Nicolas Rebscher in Berlin und Jim Abyss (der auch schon Amys letztes Album „The Human Demand“ produzierte) Amys „neue Bodenständigkeit“ noch nicht so recht berücksichtigt und die meisten Tracks dann Mainstream-kompatibel auf Hochglanz produziert. Besonders deutlich wird das bei dem Titeltrack (der von der ARD zum Themensong der aktuellen Fußball-EM der Frauen ausgewählt wurde) – denn von diesem gibt es neben der funkelnden Studio-Version auch eine Live-Aufnahme, die das aktuelle Macdonald-Feeling mit einer gewissen Edgyness zum Ausdruck bringt.
„Is This What You’ve Been Waiting for?“ von Amy Macdonald erscheint auf BMG Rights Management/Universal.