Jetzt also auch Molly Tuttle: Weil die amerikanische Ausnahmegitarristin mit Mitte 30 bereits alles erreicht hat, was die traditionelle Bluegrass-Welt zu bieten hat, sucht sie jetzt ihr Heil in der Popmusik. Auf ihrem neuen Album gibt es in Anspielung auf Tuttles Alopezie zwar einen Song namens „Old Me (New Wig)“, doch klanglich stehen die Zeichen hier klang auf Kursänderung.
Dafür drückt sie gemeinsam mit ihrem Lebenspartner und Co-Songwriter Ketch Secor (Mastermind der Old Crow Medicine Show) all die gleichen Knöpfe, die in der Hitfabrik Nashville seit Jahren Roots-Artists Mainstream-Erfolg verheißen – eine irgendwie völlig fehlgeleitete balladeske Coverversion des Eurodance-Hits „I Love You“ von Aqua inklusive.
Passend zu unscheinbaren Songtiteln wie „The Highway Knows“, „Golden State Of Mind“ oder „Summer Of Love“ steht hier nun – leider, muss man sagen – gefühlige Beliebigkeit öfter im Mittelpunkt als Tuttles atemberaubendes Können als Instrumentalistin. So sehr man der sympathischen Musikerin den antizipierten Erfolg auch gönnen mag: Ein bisschen schade ist diese Entwicklung schon, denn wenngleich Tuttle eine passable Songwriterin und Sängerin ist – ihr größtes Talent kommt auf „So Long, Little Miss Sunshine“ bedauerlicherweise nicht so wirklich zum Tragen.
Mit ein bisschen Glück findet sie – wie zuletzt Margo Price mit „Hard Headed Woman“ – den Weg zurück zu ihren Wurzeln, aber bis dahin dürfte es für viele langjährige Fans erst einmal heißen: So long, Molly Tuttle!
„So Long, Little Miss Sunshine„ von Molly Tuttle erscheint auf Nonesuch/Warner Music.