Wohin soll man denn gehen, wenn die Welt, die wir kennen, zu verschwinden bzw. immer unübersichtlicher und chaotisch zu werden droht? Die Antwort, die Gwendolin Tägert und Franky Fuzz a.k.a. Grateful Cat auf ihrem zweiten Album geben, ist „irgendwohin“ – weil es ja wohl anderswo auch nicht besser ist. Allerdings tun sie das dann mit einem Augenzwinkern oder zwei und machen sich mit der aktuellen Songsammlung vor allen Dingen mit den Absurditäten, die eine solche Geisteshaltung mit sich bringt, lustig.
Musikalisch gibt es feinsten Indie-Schrammelpop mit einem gewissen Retro-Touch, der an die großen und kleinen Vorbildern dieser Art von Musik erinnert – wie z.B. The Feelies, The Replacements, The dB’s oder andere Jangle-Meistern die sich ja ihrerseits in den 80ern auf die Vorbilder aus den 60s bezogen (nur dass sie das halt mit Boy-Girl Appeal – bzw. eigentlich mit Man-Woman Appeal tun – denn etwas älter sind Gwen und Franky ja schon). Aber wie gesagt: Es ist ja eigentlich egal, wohin man geht, wenn alles in die Brüche geht. Defätistisch oder depressiv ist das alles freilich nicht, denn Grateful Cat haben wohl mehrere Clowns gefrühstückt, als sie sich daran machten, ulkige kleine Alltagsgeschichten in ihren Indie-Pop-Elaboraten zu verarbeiten.
Dabei singen sie dann von so interessanten Charakteren wie dem marodierenden Pizza-Boten – dem es auszuweichen gilt, einem Toast mit Jesus-Gesicht, zu langsamen Menschenmengen (ein Topic, das Tocotronic mit dem Song „Gehen die Leute“ auch schon mal aufgegriffen haben), dem traurigen Bartender im lustigen Comedy-Club oder Inspektor Columbo. Gerade dieses unbedarfte Plündern der authentischen Pop-Kultur von yonder macht die Sache dann so sympathisch, menschlich und glaubwürdig. Das wird dann von der hemdsärmeligen, schnürsenkeligen aber grundsätzlich charmanten musikalischen Umsetzung (die so etwas wie eine regelgerechte Rhythmusgruppe nicht kennt) sogar noch verstärkt. Das ist dann Retro-Indie-Pop wie er sein sollte. Nicht mehr – aber schon gar nicht weniger.
„Ready To Go Anywhere“ von Grateful Cat erscheint auf Waterfall Records.




