Share This Article
„Die Aufstellung ist ideal: Mit gesunder Härte angetrieben von der flexiblen Abwehrbatterie Florian Weber und flankiert vom breiten Mittelfeld mit Bassist Rüdiger Linhof steht Peter S. Brugger (das S. steht Gerüchten zufolge für „Sexy“) im Sturmzentrum. Um sich da durchzusetzen, braucht man Intuition und Ideen. Die hat er, und zwar mehr, als jede gegnerische Verteidigung verträgt. Schließlich kommt nicht nur Peter (FC Bayern) aus München, sondern auch Florian und Rüdiger (beide TSV 1860 – über Verbindungen zur SpVgg. Unterhaching ist nichts bekannt)“ Das schreibt das Label über die Sportfreunde. Aber man kennt das ja: Da wird eine Band immer populärer, ziert sich erst noch ein bisschen, einen Majorvertrag zu unterschreiben und – endlich – das erste Album herauszurücken, und wenn die Platte dann schliesslich veröffentlicht wird, sind die Musiker schon Megastars, haben ihre „bürgerlichen“ Karrieren längst hinter sich gelassen und baden zweimal täglich in Champagner.
Der erste Teil gilt auch für die Sportfreunde Stiller, die diesen Monat nach langem Warten ihr Debutalbum „So Wie Einst Real Madrid“ veröffentlichen, aber trotzdem ist die Band sympathischerweise auf dem Teppich geblieben. Sie sind sogar so normal geblieben, dass sich Flo beim Interviewmarathon in Köln entschuldigen lässt, weil er mit Uni-Prüfungen beschäftigt ist. Rock ‚n‘ Roll ist das nicht. Irgendwie verdammt cool aber schon. Peter und Rüdiger studieren – wenngleich zur Zeit eher theoretisch – zwar auch noch, fanden aber trotzdem Zeit, unsere Fragen zu beantworten. Nach zwei ausgezeichneten Veröffentlichungen auf dem kleinen, aber feinen Label Blickpunkt Pop des umtriebigen Münchners Marc Liebscher haben die Sportfreunde, die uns schon letzten Sommer mit der sonnigen (Fast)-Hit-Single „Wellenreiten ’54“ viel Freude bereitet haben, auf ihrer ersten LP einige Überraschungen für uns parat.
Zum Beispiel fällt auf, dass bis auf den Albumtitel und das in italienischer Mundart gesungene „Novanta Quattro“ die Fußball-Referenzen fehlen. Trotzdem, so versichert Peter, werden die Sportfreunde nicht nur wegen ihres Namens auch in Zukunft auf Metaphern aus dem Sport zurückgreifen, es sei nun einmal ein zu wichtiger Teil ihres Lebens, um darauf zu verzichten. Überraschend auch die Wahl des Produzenten. Hoffmann, seit 12 Jahren Hausproduzent der Ärzte, nahm die Platte der Sportfreunde in seinem Studio im sonnigen Spanien auf. Welche Rolle spielt ein Produzent überhaupt bei den Sportfreunden? „Es gibt manchmal so Situationen, in denen wir Sachen spielen, die eindeutig falsch sind. Einfach falsche Töne, die wir spielen, weil wir so laut proben, dass man nichts mehr hört, und wir auch bei den Konzerten so reindreschen, dass es egal ist. Ein Produzent, der den Song im Studio zum ersten Mal hört sagt dann: ‚Hey Jungs, was spielt ihr denn da?’“
Neben vielen Songs zwischen Pop, Punk und US-Indie-Rock, die schon aus dem Live-Set bekannt waren (die hoffentlich kommende Single „Mond“, „Wunderbaren Jahre“, die neue Single „Fast Wie Von Selbst“ oder der heimliche Hit „Spitze“, inklusive Hans Rosenthal-Sample), werden mit Hilfe von Hoffmann auch ungewohnte, neue Töne angeschlagen. Und damit meine ich nicht den Tausch einer Stromgitarre gegen eine Akustikklampfe bei „Besser Wär’s“, sondern Stücke wie „Hockey“, das fast als deutsche Variante der Beastie-Boys-Songs durchgehen könnte. Natürlich tun sich die Sportfreunde bei den 15 Songs manchmal etwas schwer, die hochgesteckten Erwartungen zu erfüllen und ihren erfrischend direkten Livesound auch im Studio umzusetzen, trotzdem ist „So Wie Einst Real Madrid“ das wohl hörenswerteste deutschsprachige Debutalbum des Jahres. Jungs, Günther Netzer darf stolz auf euch sein!
„So wie einst Real Madrid“ von Sportfreunde Stiller erscheint auf Motor Music.