Als Paul Simon Anfang der 80er sein heute legendäres Album „Graceland“ aufnahm, gab es den Begriff „Weltmusik“ noch gar nicht. Damals beschäftigte er eine Gruppe afrikanischer Musikanten, mit denen er zusammen seine Songs einspielte. Diese Erfahrungen verinnerlichte er dermaßen, dass sie ihm zur zweiten Natur wurden. Heutzutage ist daraus eine ganz eigene musikalische Weltsicht geworden. Das kann auch auf dem 12. Solo-Album Simons nachvollzogen werden. Die hier meisterlich zusammengerührten Versatzstücke zehren aus allen möglichen Quellen – neben den immer noch erkennbaren afrikanischen Spuren sind dies etwa indische Perkussion, Samples, Folk, Blues, Jazz und Gospel. All das verquickt Simon auf elegante Art zu Kombinationen, die man in dieser Form sicherlich noch nicht gehört hat. Als Anker für seine Kompositionen sah er dieses Mal sein Gitarrenspiel – und in der Tat schaffte er auch hier Klangformen, die es so noch nicht gab – nicht unbedingt in virtueller, sondern in harmonischer Hinsicht oder die Spielweise betreffend. Das reicht bis hin zu einem verstiegenen Instrumental. Ganz en passant bleibt sich Simon als Songwriter indes treu und schafft es, ein breites Spektrum an Themen zu verarbeiten – philosophische, spirituelle, politische und persönliche Topics reiht er nahtlos aneinander – und spielt dabei zwanglos mit Zeit, Raum und Perspektive. Mit seinen 70 Jahren zeigt der Mann dabei zudem mehr Experimentierfreude als mancher Newcomer. Respekt.
„So Beautiful Or So What“ von Paul Simon erscheint auf Concord/Universal.