Bereits als Martha Wainwright ihre Piaf-Hommage „Sans fusils, ni souliers“ vorstellte, kündigte sie an, dass es da demnächst eine längere Auszeit wegen einer Babypause geben würde. Diese ist nun vorbei und insofern ist der Titel des neuen Albums der Kanadierin nicht einfach nur eine Textzeile aus einem der neuen Songs, sondern auch ein programmatischer Titel: Martha ist wieder da – und zwar mit voller Breitseite. Auf diesem ersten neuen Album mit eigenem Material seit „I Know You’re Married But I’ve Got Feelings Too“ von 2009 hat sie in konzeptioneller und kompositorischer Hinsicht einen riesigen Schritt nach vorne gemacht – tatsächlich ganz ohne die Erfahrungen aus dem Piaf-Projekt zu nutzen (denn weder gibt es einen Track auf Französisch, noch zehrt die musikalische Umsetzung von Chanson-Strukturen). Stattdessen gibt es einen leichtfüßigen Mix aus traditionellem Songwriting, E-Pop-Anwandlungen und jazzigem Folkpop, der sich – nicht zuletzt aufgrund der einfallsreichen Arrangements und besonders der auf unübliche Art aufgebrochenen Songstrukturen – als Martha-spezifisch herauskristallisiert. Das ist insofern bemerkenswert, als dass Martha ihre Songwriting-Karriere durchaus konservativ – also als Folksängerin – begann. Heutzutage outet sich Martha als wagemutige Songschmiedin, der keine Idee zu abwegig sein kann, um sich nicht wenigstens ein Mal auszuprobieren. Das gilt übrigens auch für die bemerkenswert offenherzigen Lyrics, in denen Martha ihre Lebensumstände – nicht ohne Selbstironie – ausbreitet. Auf musikalisch freilich ganz andere Art nähert sie sich hiermit der Attitüde ihres Bruders Rufus an, für den Genregrenzen ja auch nur dazu da sind, sie zu brechen. Insofern bleibt Martha der Familientradition durchaus treu.
„Come Home To Mama“ von Martha Wainwright erscheint auf V2/Universal/Cooperative Music.