Offensichtlich wurde Jason Collett bei der Produktion seines neuen Albums „Reckon“ von der Muse überwältigt. Nicht nur packte er das Album mit 15 neuen Songs voll – nein, es gibt auch gleich noch ein zweites Album mit einem kleinen Rückblick auf Colletts Schaffen dazu. Was das neue Material betrifft, so schöpft Collett hier aus dem Vollen und liefert eine Sammlung abwechslungsreich inszenierter Songs, die zu seinen besten Arbeiten überhaupt zählen. Das Spektrum erstreckt sich dabei vom Kammerpop mit Streichern über Reggae-Grooves und Disco-Beats bis zu klassischen Folkballaden im Stile Springsteens oder gar Dylans. Sogar für eher experimentelle Dinge wie Art-Rock-Drones oder psychedelische Gitarrensynthies ist Platz in der reichhaltigen Melange.
ABER: Diese Fülle von Ideen und Material kommt um den Preis der Ausformulierung daher. Alle Songs – auch jene, die potentiell durchaus epische Qualitäten in sich tragen – werden unterhalb der Drei-Minuten-Grenze gnadenlos ausgeblendet. Die Titel der Tracks erscheinen zuweilen gar länger als diese selbst. Zwar wird das Ganze nicht so schlimm wie bei Howe Gelb in der Fragment-Phase, aber irgendwie schleicht sich hier das Gefühl ein, dass das Potential der einzelnen Songs (wohlgemerkt nicht das der musikalischen Umsetzung) nicht bis zur Gänze ausgeschöpft wurde. Mal sehen, was er in der Live-Umsetzung daraus macht.
„Reckon“ von Jason Collett erscheint auf Arts & Crafts/Rough Trade.