Also wer sich diese Scheibe unvorbereitet reinpfeift, der sollte schon etwas gegen Sodbrennen oder Schluckauf im Medizinkabinett haben – denn Roger Sellers alias Bayonne meint es ganz schön ernst: Der Mann schreibt – auf dem Papier – elektronische Pop-Songs (jedenfalls ist das das erklärte Ziel des Herrn). ABER – er tut das mit den kompositorischen Prinzipien der Minimal- und Avantgarde-Musik – wobei er sich eher der Steve Reich’schen Methode der unerbittlichen Wiederholung als jener Philipp Glassens Art, Melodien in Wellenform weiterzuentwickeln, verpflichtet fühlt. Das bedeutet, dass dem Material eine gewissermaßen unerbittliche Qualität innewohnt, die sich durch sehr viele Stakkatos und Wiederholungen rhythmischer Muster auszeichnet, die Sellers über einen Zeitraum von sechs Jahren in Form von Loops zusammentrug. Kein Wunder also, dass es nahezu unmöglich war, hier veritable Melodien herauszuschälen – gleichwohl sich Bayonne durchaus Mühe gibt, mit Gesangspartien und konventioneller Instrumentierung eine Art von Pop-Appeal aus dem Material herauszukitzeln. Letztlich ist ihm das aber nur ansatzweise gelungen – „Primitives“ verharrt als eher abstraktes Kunstobjekt zwischen allen stilistischen Stühlen.
„Primitives“ von Bayonne erscheint auf City Slang/Universal.