The Minus 5 gehören zu jenen Projekten, die einfach nicht totzukriegen sind. Und das, obwohl das Ganze 1995 als lediglich eine der vielen Spielwiesen des umtriebigen Musikers Scott McCaughey ins Leben gerufen wurde, um seine Ideen jenseits seiner Verpflichtungen als Session-Musiker etwa für R.E.M. oder Wilco und seinem anderen Projekt Young Fresh Fellows in einem ungezwungenen Allstar-Setting eher hobbymäßig zu verwerten. Im Laufe der Jahre wurde aus dem Unternehmen dann so etwas wie eine unfixe Größe (denn das Besetzungskarussel drehte sich bei den Minus 5 systembedingt schneller als bei „echten“ Bands). Auf dieser neuen Produktion – die wie üblich ohne großartige Vorbereitung oder ausufernde Probe-Sessions spontan on the spot realisiert wurde – bestehen The Minus 5 aus Scott selber, Peter Buck, Linda Pitmon und Kurt Bloch – die ja auch in den Projekten Filthy Friends und The Baseball Project involviert sind – wobei es aufgrund der ganzen Verzweigungen aber eigentlich keinen Sinn macht, einen Minus 5 Stammbaum schlüssig erstellen zu wollen.
Als Gäste mit dabei sind dann noch Vicky Peterson (Bangles), Jeff Tweedys Sohn Spencer, Patterson Hood (Drive By Truckers) und die Produzenten-Legende Ed Stasium. Alleine aus diesem Umstand aber einen Anspruch als Supergroup ableiten zu wollen, führte zu nichts, denn The Minus 5 wollen ja eben keine Supergroup sein, sondern eine Gruppe von Freunden, die einfach zusammen Spaß haben wollen. Und genau diesen Eindruck vermitteln Scott & Co. auch auf diesem ersten Album mit eigenen neuen Songs seit dem 2019er Werk „Stroke Manor“ wieder eindrucksvoll – was das Video zu dem Song „Blow In My Bag“ belegt – in dem die Genannten sowie andere Freunde aus dem Minus 5 Dunstkreis – zusammen mit Nick Salomans Stiefel – auftreten.
Obwohl sich Ed Stasium hinter dem Mischpult alle Mühe gab, die Sessions auf ein produktionstechnisch akzeptables Level zu hieven, blieb der von der eigenen Begeisterung getragene Spirit der Aufnahmen bis ins letzte Detail erhalten und überträgt sich mühelos auch auf den Zuhörer. Auf die Frage, was denn diese Produktion von den ansonsten eher hemdsärmeligen Minus 5-Unternehmungen unterscheide, antwortete Scott McCaughey: „Es klingt halt klassischer – so wie etwas, was man auch im Radio hören kann.“ Da ist dann was dran! Musikalisch bleiben sich The Minus 5 treu – obwohl die ursprüngliche Idee, die Ideen in einem reduzierteren, folkigen Setting zu realisieren, längst den Ansprüchen einer Rock-Band gewichen ist. Auf dem neuen Album stehen die von Linda Pitmons polternden Rhythmen angetriebenen Rocker „Death The Bludgeoner“, „The Garden Of Arden“, „Falling Like Jets“ und das hypnotische „We Shall Not Be Released“ jedenfalls im Vordergrund. Der Rest der Songs ergeht sich dann aber auch nicht in musikalischer Zurückhaltung, sondern wird – dank Stasiums Übersicht – zumindest auf Big Music Level gehievt; mal mit mehr oder weniger Drama, aber immer mit hymnischer Grandezza und psychedelischer Opulenz.
Wie sich an den erwähnten Songtiteln und dem LP-Titel schon erkennen lässt, spielt der Humor auch auf diesem Album wieder eine nicht zu unterschätzende Rolle. Ähnlich wie bei den Decemberists (deren Colin Meloy ja auch zur engeren Minus 5-Kerntruppe gehört), verbinden sich hier Rock-Drive, strukturelle Verstiegenheit und eine Vorliebe für oft wechselnde melodische Zielrichtungen mit McCaugheys Sinn für absurde Wortverdrehungen, verbogenes Namedropping und andere detailreiche lyrische Heiterkeiten. Kurzum: „Oar On, Penelope!“ (übrigens ein Seitenhieb auf die Sage von Odysseus und seiner auf ihn wartenden Frau Penelope) ist eine typische Minus 5-Scheibe geworden – was immer das auch bedeuten mag.
„Oar On, Penelope!“ von The Minus 5 erscheint auf Yep Rock/Bertus.