„Selbstreferenz ohne Nostalgie“ – so lautet die Tagline des feinen neuen, inzwischen zehnten Idlewild-Albums, und ganz ehrlich: viel treffender könnte sie kaum sein.
In den 00er-Jahren war das schottische Quintett so etwas wie die heimliche Gaesteliste.de-Lieblingsband. Kunststück, waren doch gerade die drei Alben „100 Broken Windows“ (2000), „The Remote Part“ (2002) und „Warnings/Promises“ (2005) vollgestopft mit energischen Alternative-Rock-Hymnen, die auf Kopf und Herz gleichermaßen zielten. Irgendwann kam Roddy Woomble und den Seinen dann aber ein bisschen Sand ins Getriebe.
Bassisten und Plattenfirmen wechselten plötzlich mit schöner Regelmäßigkeit, und nachdem man 2009 dem Album „Post Electric Blues“ den Krisenmodus deutlich anhören konnte, war erst einmal Schluss. Danach erschienen 2015 und 2019 weitere, gar nicht mal schlechte Platten, die alte Magie war trotzdem futsch. Mit dem neuen selbstbetitelten Album ändert sich das nun zumindest ein Stück weit.
Ausflüge in popmusikalische Beliebigkeit gibt es mit „It’s Not The First Time“ oder „The Mirror Still“ zwar auch hier, dafür zünden allerdings die Momente, in denen Idlewild nicht Coldplay, sondern ihr altes Selbst sein wollen, umso mehr.
Denn wenngleich Idlewild in der Vergangenheit einige wirklich herzergreifende Balladen geschrieben haben, gilt hier: je schneller und lauter die Songs sind, desto besser sind sie auch: Deshalb schlägt das wuchtig-dynamische „Stay Out Of Place“ gleich zu Beginn genauso ein wie das rasante „Like I Had Before“.
Doch so deutlich die Rückbezüge auf die glorreiche Vergangenheit in diesen Nummern und auch bei „Make It Happen“ mit seinem herrlich rauen, kantigen Riff auch sein mögen: Idlewild sind sich bewusst, dass sich das Rad der Zeit weitergedreht hat. Das spiegeln auch Woombles einfühlsame Texte wider, die um Vermächtnis, Vergänglichkeit und Gefühle der Isolation kreisen.
Aus den jungen Wilden sind längst Herren in den besten Jahren geworden, und weil vermutlich das Gleiche auch für das Kernpublikum der vor genau drei Jahrzehnten in Edinburgh gegründeten Band gilt, gibt es hier eine ganze Reihe Songs, die auch so klingen. Statt mit dem Kopf durch die Wand kommen Idlewild deshalb nun immer öfter mit gefälliger Eingängigkeit zum Ziel und adaptieren so die Markenzeichen ihres Sounds von damals für die Gegenwart.
„Idlewild“ von Idlewild erscheint auf V2 Records/Bertus.




