Wir erinnern uns kurz noch einmal: Das Projekt The Swell Season entstand dereinst aus dem Umstand heraus, dass sich der irische Songwriter Glen Hansard gerade in einer Phase der stilistischen Abnabelung von seiner Band The Frames befand und – zusammen mit der befreundeten Musikerin Markéta Irglová – die Hauptrolle in dem Indie-Film „Once“ angeboten bekam, in dem die Geschichte eines Musikerpaars geschildert wurde, das sich über die realistisch geschilderte Produktion eines pivotalen Songs näher kommt, aber nicht zusammenfindet. Im Wesentlichen spiegelte das dann die Beziehung von Hansard und Irglová im richtigen Leben, die – in einer Fortschreibung der Geschichte des Filmes, für den Hansard und Irglová die Songs geschrieben hatten – das Projekt The Swell Season ins Leben gerufen hatten – das dann 2009 das einzige reguläre Album unter diesem Projektnamen veröffentlichte, bevor es in einen nie absolut ausgerufenen Hiatus ging.
Das nun vorliegende neue Album von The Swell Season ist dann ein Werk voller Widersprüche geworden. Einerseits heißt es „Forward“ – assoziiert also einen Blick in die Zukunft. Andererseits gibt es auch einen Track namens „Stuck In Reverse“ – der sich zwar mit einer persönlichen Weltsicht aus der Sicht von Glen Hansard beschäftigt, sich aber auch thematisch auf das Album anwenden ließe, denn der zweite Song des Albums – das von Markéta Irglová gesungene „People We Used To Be“ – beschäftigt sich mit einem wehmütigen Rückblick auf bessere Zeiten. Zumindest ließe sich das so auslegen – denn Glen Hansard und Markéta Irglová waren ja immer gut darin, Person und Persona, Realität und Fiktion, Erinnerungen und Utopien gegeneinander auszuspielen bzw. miteinander zu vermengen und auf poetische Weise zu überhöhen.
Vor allen Dingen aber schließt „Forward“ musikalisch genau dort an, wo The Swell Season als Projekt ca. 2010 aufhörten. Dazu muss man wissen, unter welchen Voraussetzungen das Projekt ins Leben gerufen wurde – denn Hansard und Irglová wollten mit diesem Projekt gemeinsam geschriebene Songs in einem dezidiert lyrischen, akustischen Setting realisieren, das definitiv keine Rock-Elemente enthalten sollte und sich von der Ästhetik etwa des Band-Sounds, den Hansard mit Musikern der Frames bis heute auf der Bühne pflegt, absetzen sollte.
So besteht also auch das neue Werk „Forward“ aus einer Sammlung von mit kammermusikalisch angereicherten Streichersätzen, sanftmütig/melancholischen Balladen, in denen die Band-Arrangements nur einen unterstützenden Charakter haben – etwa bei Markéta Irglovás erstaunlich versöhnlichem Gospel-Walzer „Pretty Stories“. In dem als Gewerkschafts-Moritat angelegten Hansard-Track „Great Weight“ kommen dann noch eigenartige Bläser-Einlagen hinzu.
Tatsächlich lässt sich das Projekt musikalisch so einordnen, dass hier die musikalischen Elemente zum Tragen kommen, die sowohl Hansard wie auch Irgolvá bei ihren zwischenzeitlich veröffentlichten Solo-Werken präferierten – und mit Streicher-Sätzen und Chor-Arrangements verfeinert wurden. Nach pflegeleichten Pop-Hits braucht man hier nicht zu suchen – denn dafür standen The Swell Season noch nie. Hier geht es um die Suspension of Time und die Hingabe an epische musikalische Reisen in die kollektiven Erinnerungswelten der Songwriter. Der „Forward“-Aspekt des Projektes kommt dann mit der versöhnlichen Schlussballade „Hundred Words“ zum Tragen. Hier sprechen sich Hansard und Irgolvá dann gegenseitig Mut zu, den Glauben an das Gute nicht aus den Augen zu verlieren. „Hundred Words“ ist dann – bis auf die Schlussphase des Hansard-Tracks „A Little Sugar“ – das einzige echte, gleichberechtigte Duett auf diesem Album. Sollte es also mit dem Projekt weitergehen (was zumindest nicht ausgeschlossen erscheint), dann wäre dieser Aspekt einer, der sich in Zukunft lohnend auswirken könnte.
„Forward“ von The Swell Season erscheint auf Masterkey Sounds & Plateau Records.