Zwar wurde diese Scheibe in Nashville aufgenommen – allerdings wohl in einer Parallel-Welt. Denn mit Country-Industry-Sound hat das, was Sherry Cothran und Brian Reed mit ihren Musikanten da veranstalten, nicht allzuviel zu tun. Eher mit dem, was man in den 80ern mangels anderer Begriffsmöglichkeiten leicht ungelenk „Cow-Punk“ nannte. Denn die Evinrudes fahren druckvolle Gitarrenwände und eine tighte Rhythmusgruppe ebenso auf wie trunkene String-Arrangements oder Supertramp-Wurlitzer – und ihre Songs sind düsterer als manche Hank Williams Elegie. Thematisch beschäftigen sie sich mit durchaus vielseitengen Themen: Crack, Monica Lewinsky, Hommages an Otis Redding oder Pat Boone werden verquickt mit „Sozialkritik“ in Richtung Hollywood, das Musikbusiness und – die Literatur. Sowas muss einem erst mal einfallen! Dass dabei der Humor nicht zu kurz kommt, fiel sogar dem besungenen Pat Boone selbst auf, der den betreffenden Titelsong per Fax zu einem seiner Favorites erklärte. Musikalisch erfinden die Evinrudes nun nicht unbedingt etwas Neues, haben aber mit Sherry Cothran eine Aufmerksamkeit fordende Stimme und Brian Reed ist ein einfallsreicher Gitarrist, dessen Vorliebe für ein wenig Twang (à la Jason Ringenberg) überhaupt die einzigen Country-Assoziationen weckt. Ansonsten gibt’s eher mal eine gehörige Portion Pop („Dick & Jane“). Sagen wir mal so: In einer besseren Welt (z.B. der o.a. Parallelwelt) wären die Evinrudes in den Charts und nicht Sheryl Crow.
„Somebody Has To Be Pat Boone“ von The Evinrudes erscheint auf Flying Sparks/Zomba.