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Die beste Band der Welt
Bis zur Veröffentlichung von „You Deserve Romance“, dem heiß erwarteten Debütalbum von Blush Always, müssen wir uns noch ein wenig gedulden, aber zum Glück gibt’s in der Zwischenzeit ja andere Möglichkeiten, sich in den klassischen Indie-Rock-Sound der Band um Mastermind Katja Seiffert zu verlieben: ihren umwerfenden Auftritt beim c/o-Pop-Festival zum Beispiel, das an den letzten Apriltagen durch den Kölner Stadtteil Ehrenfeld tobt. Eigentlich ist das Blush Always-Gastspiel nur ein kleiner Eckkneipen-Showcase im kostenlosen Rahmenprogramm der Wochenendsause, doch für 40 Minuten ist das aus Kiel stammende Quartett an diesem Samstagabend die beste Band der Welt.
Vielleicht liegt es auch ein wenig daran, dass der Schreiber dieser Zeilen vor fast 30 Jahren nach zwei unvergesslichen Auftritten von The Juliana Hatfield Three und Madder Rose nicht anders konnte, als sein Leben dem Musikjournalismus zu widmen, und ihn die Begeisterung für den Female-Fronted-Indierock seitdem nicht mehr losgelassen hat, doch für den wunderbar ungezwungenen Auftritt von Blush Always im rappelvollen E.D.P. scheint wirklich kein Superlativ übertrieben zu sein, denn hier passt einfach alles.
Ihre Liebe zum Indie-Rock mit 90er-Jahre-Flair teilt sich Katja Seiffert mit Seelenverwandten wie BROCKHOFF oder Philine Sonny, klingt dabei aber gerade auf der Bühne ungleich ursprünglicher und krachiger. Während sich andere ähnlich inspirierte Künstlerinnen dem Sound der 90er-Jahre ausschließlich durch den Filter von aktuellen Acts wie Snail Mail, Soccer Mommy oder Beabadoobee nähern, die ihrerseits schon an den Ecken und Kanten gefeilt haben, erinnern Blush Always bei diesem sensationellen Auftritt in der Domstadt immer wieder an den herrlich unkalkulierbaren Sound von Pavement oder Smashing Pumpkins, bevor sie zu unabsichtlichen Helden einer ganzen Generation wurden, und machen bestechende Dringlichkeit zu ihrem heimlichen Trumpf.
Sicherlich begünstigt durch den punkrockigen DIY-Charme der winzigen Location und einen kaum vorhandenen Soundcheck tauchen Katja und ihre drei Mitstreiter ab in einen Sound aus grungigen Gitarren und lauten Hooks und verzaubern dabei mit facettenreich-emotionalen Coming-of-Age-Songs, die ob ihrer geradezu beiläufigen Ohrwurm-Qualitäten faszinieren (wer könnte den Refrain von „Drop Of Rain“ je wieder vergessen?) und sich so wohltuend von all den Bands absetzen, die Indie sein wollen, aber schon bei ihren ersten Auftritten und Veröffentlichungen wie Mainstream klingen.
Wuchtig-dynamische, vor Spielfreude sprühende Nummern wie „Your Call“ oder „Virtual For You“ sind deshalb an diesem Abend die offensichtlichsten Highlights, doch es geht auch anders: Für „At Home“ schrauben die vier die Intensität zurück und klingen dabei wie The Cardigans an einem faulen Nachmittag. Dass es nach dem furiosen Finale mit „Bed Full Of You“ aus der letztjährigen Debüt-EP „Postpone“ keine Zugabe gibt (sympathischerweise findet es die Band, anders als die meisten anderen jungen Acts derzeit, zu uncool, einfach eine Nummer noch einmal zu spielen), ist der einzige Wermutstropfen, aber wie heißt es so schön: Always leave them wanting more.
Auch zwischen den Songs trifft Katja bei ihren knappen, auf den Punkt gebrachten Ansagen zwischen typisch norddeutscher Reserviertheit, der charmanten Schüchternheit, die sich auch im Bandnamen widerspiegelt, und einer schwer in Worte zu fassenden Lässigkeit immer den richtigen Ton, verzichtet dankenswerterweise auf die anbiedernden Floskeln, die heute selbst bei Newcomern zum unausweichlichen Standardrepertoire gehören, und wirkt dabei genauso wie ihre Musik: Ehrlich, unverstellt, echt!
