Also, so ganz einfach ist das nicht mit der zweiten Scheibe des „E-Pop“- Duos Boy Harsher. Weniger deswegen, weil auf „Careful“ echte Pop-Songs – wie etwa das hypnotische „Lost“ – auch echte Mangelware sind. Der Titeltrack z.B. ist einen rauschender Drone mit eingestreuten Vokalfetzen. Komplex ist vor allen Dingen die Beziehung von Jae Matthews und Augustus Muller, die hier folgerichtig auch komplex analysiert und seziert wird. Das Wort „Careful“ ließ sich Jae Matthews beispielsweise während eines desaströsen Live-Auftrittes (der im Folgenden fast zum Auseinanderbrechen des Projektes geführt hätte) auf den Rücken tätowieren – damals wohl als Warnung an sich selbst und Muller.
Auf dem neuen Werk geht es nun um die Folgen dieser Warnung: Um das Auseinanderdriften, der wehmütigen Erinnerung an vergangene, harmonischere Zeiten und die komplexen Zusammenhänge, die sich in Liebesbeziehungen nun mal offenbaren. Ein weiterer Bezugspunkt ist Jaes Beziehung zu ihrer auseinanderbrechenden Familie. Musikalisch wird dieses in meist geradlinige, eher spröde Disco- und Techno-Beats in einem minimalistisches, unterkühltes Retro-Setting gekleidet. Kein Wunder, dass da für versöhnliche, lichte Momente und heimelige Melodien kaum Platz bleibt. Das Problem, das der interessierte Zuhörer mit diesem Konzept haben könnte, ist dann allerdings eher das, dass die verhallten, eher hingehauchten und von der Musik überlagerten Vocals Matthews kaum zu verstehen sind – was ein wenig seltsam anmutet, da der Inhalt hier doch erkennbar über die Form gestellt wurden. Wie gesagt: Das ist alles nicht ganz einfach.
„Careful“ von Boy Harsher erscheint auf Nude Club/Rough Trade.