Laura Stevenson gehört zu den Musikerinnen, denen man sich nur schwer entziehen kann. Das liegt nicht zuletzt an der Stimme der 41-jährigen Amerikanerin, die nicht nur vom ersten Ton an absolut unverwechselbar ist, sondern vor allem so super-emotional klingt, dass man, ob man nun will oder nicht, sofort mitten ins Geschehen, mitten in die Songs hineingezogen wird. Das galt sogar für ihre letzten beiden Platten, „The Big Freeze“ (2019) und „Laura Stevenson“ (2021), für die sie – still, aber dennoch gewaltig – den hymnischen Indie-Rock-Sound früherer Alben gegen gedämpfte kammermusikalische Größe eingetauscht hatte.
Vier Jahre und einige lebensverändernde Einschnitte später (darunter eine schmerzhafte Trennung und eine neue Karriere als Musiktherapeutin) meldet sich die aus Long Island stammende Singer/Songwriterin nun mit einem Werk zurück, das textlich genau diese Umwälzungen in den Mittelpunkt rückt. Auch „Late Great“ glänzt mit der unterschwelligen Power, herzgreifenden poetischen Ehrlichkeit und warmtönenden Eingängigkeit, die Stevenson bereits in der Vergangenheit ausgezeichnet hatte, greift dabei aber auf eine größere Klangpalette als zuletzt zurück.
Eingespielt mit dem langjährigen Weggefährten Jeff Rosenstock (auf dessen Label Really Records die LP auch erscheint) und weiteren Freundinnen und Freunden, begeistert Stevenson hier mit nachdenklichen Folk-Songs wie „Honey“, „Not Us“ oder „Short And Sweet“, zeigt mit lauteren, wuchtigeren Nummern („I Want To Remember It All“ oder „Can I Fly Free?“) aber auch, dass sie den Sound nicht ganz vergessen hat, der sie vor fast 15 Jahren zur wohl brillantesten aller oft überhörten Indierock-Heroinen gemacht hat.
Anders gesagt: Auf „Late Great“ zeigt Stevenson eindrucksvoll, wie leicht es sein kann, sich selbst treu zu bleiben, ohne auf der Stelle zu treten, wenn, ja, wenn die Musik einfach von Herzen kommt.
„Late Great“ von Laura Stevenson erscheint auf Really Records.