Platte der Woche KW 41/2025
„Head Of Roses“ – das zweite Solo-Album, das die Wye Oak-Frontfrau Jenn Wasner unter ihrem Moniker Flock Of Dimes 2021 veröffentlichte, stand ganz unter dem Eindruck einer Trennung – und der ausbrechenden Pandemie. In den Wochen der ersten Lockdowns schrieb die Songs jenes schwierigen Albums – und arbeitete sich damit den Frust über die privaten und beruflichen Malaisen jener Phase kathartisch von der Seele. Damit schien sie dann ihre negativen Energien erst mal aufgebraucht zu haben – und konnte sich dann auf einen persönlichen wie kreativen Neustart konzentrieren.
Das nun vorliegende, dritte Flock Of Dimes-Album „The Life You Save“ stellt dann in konzeptioneller, inhaltlicher und musikalischer Hinsicht einen solchen Neustart dar. Zwar erforscht Jenn Wasner als Songwriterin immer noch Themen wie Sucht, Abhängigkeiten, Herzschmerz und emotionalen Seinszuständen – aber nicht mehr mit einem rückwärts gewandten Blick auf Vergangenes. Stattdessen beschäftigt sich Wasner mit einem konstruktiven Ausblick auf Möglichkeiten, die sich über die persönliche Reflexion für die Zukunft ergeben. Dabei wendet sie den Blick von innen nach außen und schreibt die Songs teils aus der Perspektive von anderen und versetzt sich somit in die Position jener Menschen, über die sie zuvor eher anklagend und abwertend geurteilt hatte. Kurzum wurde ihr so klar, dass sie nicht alleine mit ihren Sorgen und Nöten war und in der Gemeinschaft mit anderen mehr erreichen könne, als alleine.
Das Ergebnis ist dann ein Album mit einer versöhnlichen, hoffnungsvollen, optimistischen Note, die sich wie ein roter Faden durch das ganze Oeuvre zieht. Jenn Wasner muss dann aber klar geworden sein, dass das elektronische Setting, das sie zusammen mit ihrem Kumpel Nick Sanborn von Sylvan Esso bis dato als ideales Format für ihre Solo-Produktionen auserkoren hatte, nicht ausreichen würde, diesen Positivismus musikalisch zu transportieren. Ergo entschied sie sich, das neue Material in einem klassischen Singer/Songwriter-Modus zu implementieren und orientierte sich dabei stilistisch am gerade angesagten Neo-Laurel-Canyon Westcoast Sound, der auch von Kolleginnen wie Tamara Lindemann (The Weather Station), Natalie Mering (Weyes Blood) oder Nandi Rose (Half Waif) zuletzt eifrig implementiert wurde (und der in der akustischen Version zweifelsohne auf Joni Mitchell zurückgeht).
Im Zentrum stehen hier also weniger die nach wie vor vorhandenen elektronischen Elemente in Songs wie „Defeat“ oder „Close To Home“ (denn Sanborn produzierte auch dieses Album), sondern akustische Gitarren („Not Yet Free“, „River In My Arms“, „I Think I’m Good“), psychedelische Pedal-Steel-Sounds („Keep Me In The Dark“, „Theo“ und „Long After Midnight“), gedämpfte Indie-Rock-Grooves („The Enemy“ oder „Pride“) oder gar Dreampop-Flair wie im Opener „Afraid“. Das funktioniert äußerst gut, denn Wasner weiß das Ganze mit überdurchschnittlich schlüssigem, brillanten Songmaterial zu unterfüttern und nimmt ihre Rolle als klassische, authentische Storytellerin im Singer/Songwriter-Ambiente mit Demut an – indem sie sich als Performerin hinter ihrem Material zurücknimmt und nicht mehr nervöse Energie, sondern Gelassenheit sprechen lässt. Der letzte Track des Albums mit dem Titel „I Think I’m God“ ist in diesem Sinne kein Widerspruch, denn in dem Track kommt sie zu dem Schluss, dass sie zwar denke, Gott zu sein – aber wisse, dass sie es eben nicht sei.
„The Life You Save“ von Flock Of Dimes erscheint auf Sub Pop/Cargo.




