Ursprünglich kommen Jesse und Kim Tabish, Jonathon Mahoney und Josh Onott – allesamt Multi-Instrumentalisten, die in der Summe das Projekt Other Lives ausmachen – aus dem kleinen Ort Stillwater in der Nähe von Oklahoma City, wo das selbst betitelte Debüt und das Album „Tamer Animals“ entstanden. Danach zog die Band nach Portland zog, wo die Alben „Rituals“ und „For Their Love“ eingespielt wurden. Frontmann Jesse zog mit seiner Frau Kim in der Pandemie jedoch zurück nach Stillwater – wo Jesses Solo-Album aufgenommen wurde. Obwohl das Paar inzwischen nach Cleveland, Ohio, weiter gereist ist, fiel die Wahl des Aufnahmeortes für das fünfte Other Lives-Album auf eine ehemalige Kirche namens „The Sheerar“, in der sich heute das Stillwater History Museum befindet. All das muss man nicht wirklich wissen, um die Musik des neuen Werkes goutieren zu können – es erklärt aber vielleicht den feierlichen Geist, die liturgische Grundstimmung und die spirituelle Grandezza, die die Kompositionen dieses Albums durchziehen.
Schon mit dem letzten Album „For Their Love“ hatte sich das Quartett als veritable Alternative für schwelgerische Big Music-Komponisten und Arrangeure wie Father John Misty oder Jonathan Wilson empfohlen – was sich auch auf diesem neuen Album wieder in Form opulenter, ja geradezu überwältigender, hymnischer Arrangements, Gesangslinien, Refrains, Chören und Harmonien niederschlägt. Die Sache mit dem Multiinstrumentalismus nehmen Other Lives schon sehr ernst – ebenso das produktionstechnische Mittel des Multitracking. Der Versuch, hier alle musikalischen Details, Nuancen und Ebenen verorten zu können, muss schon alleine an deren Vielzahl scheitern. Mehr ist hier nun wirklich in jeder Beziehung mehr – und dann wird noch alles mit orchestralen Bläser- und Streicherbeiträgen angereichert.
Dabei erweist sich Jesse Tabish (an den entscheidenden Stellen gesanglich unterstützt von seiner Gattin Kim) als schwermütiges, aber in sich ruhendes, gesangliches Auge im Sturm (oder Strudel?) und hält das Ganze performerisch zusammen – aber keineswegs im Zaum. Obwohl die Scheibe gar nicht mal so lang ist – und obendrein zwei Instrumental-Vignetten enthält – bietet „Volume V“ alles, was den Großgesten-Folkpop der Other Lives so faszinierend und hypnotisch macht. Darunter befindet sich mit „Cisa Cisa“ sogar ein mystisch/psychedelischer Rocksong mit Prog-Ambitionen. Wer also kein Problem mit einem bisschen musikalischen Größenwahn hat, der ist bei den Other Lives zweifelsohne an der richtigen Adresse.
„Volume V“ von Other Lives erscheint auf PIAS.




