Bislang nannte sich das Musik-Projekt des gebürtigen Schauspielers Tom Schilling ja noch „Tom Schilling & The Jazz Kids“. Da Tom es aber heutzutage mit der Musik richtig ernst zu nehmen scheint, konnte ein Projektname mit parodistischer Anmutung dieser Ernsthaftigkeit nicht mehr gerecht werden. Die Besetzung der Band ist dabei dieselbe wie bei den Jazz Kids – bis auf den prägend hinzugekommenen neuen Gitarristen Charis Karantzas und auch Produzent Moses Schneider griff wieder unter die Arme – aber musikalisch wurde für dieses Album alles auf links gedreht. Da Schilling als Songpoet (wie auch in einigen seiner Filmrollen) konzeptionell so eine Art mit Kleistscher Todessehnsucht angereichertes Weltschmerzprinzip verkörpert und repräsentiert (das sich übrigens dezidiert vom bei Kollegen gerne anzutreffenden Männerschmerz-Prinzip unterscheidet), wählte man als neuen Namen – und wohl auch inhaltliches Leitmotiv – Die Andere Seite als Projektnamen. Also zum Beispiel auch die nach dem Tod. Und nach dieser hat Schilling vermutlich eine „Sehnsucht bzw. unstillbares Verlangen im biblischen Sinne“ – weswegen das Werk dann nach dem klerikalen Fachbegriff „Epythymia“ benannt wurde. Das kann man wissen – muss es aber nicht, um die Sache musikalisch goutieren zu können. Hier zeigen sich Schilling & Co. nämlich von einer ganz neuen Seiten und lassen sich heutzutage durch angeraute Klangwelten treiben, in denen sich auch The Velvet Underground, David Bowie oder – wie es in der Bio heißt – die Swans nicht unwohl gefühlt hätten. Das ist alles ziemlich rund, schlüssig, passend, unterhaltsam, interessant und klugerweise vom großen Ganzen auf das individuelle Persönliche heruntergebrochen, um es glaubwürdig zu gestalten.
„Epithymia“ von Die Andere Seite erscheint auf Virgin/Universal.
